Gehe doch über Los
- piarolfs0
- 2. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
Pias Potpourri vom Oktober 2025

Reden wir nicht lange darum herum: Das Stadtbild hat sich in diesem Oktober verändert. Und das liegt nicht nur an marodierenden Bonbonjäger-Horden zu Halloween, an Baumgruppen, die polizeilich unkontrolliert Blätter auf Passanten werfen und an Laubsaugern, die mit unserer Ruhe-Kultur einfach nicht vertraut sind. Nein, da ist noch mehr!
So kann sich mittlerweile niemand mehr sicher sein, ob er in der Stadt nicht auf Menschen oder Waren trifft, die gar nicht mehr so heißen. Denn während Anfang des Jahres manche noch verständnislos den Kopf schüttelten, als US-Präsident Donald Trump den „Golf von Mexiko“ in „Golf von Amerika“ umbenannte, sind nun viele auf diesen Trend aufgesprungen. Wie es in gutem Denglisch heißen müsste: Make Umbenennung great again!
So geht die Europäische Union endlich das größte Weltproblem an, will die Bezeichnung „vegetarische Wurst“ verbieten und damit die von ständigen Abbauwünschen bedrohte Bürokratie retten. Allerdings sind neue Vorschläge noch rar. „Gemüse-Spezialoperation“ wäre zwar eine interessante Alternative – könnte aber als Anerkennung der russischen „Spezialoperation“ in der Ukraine verstanden werden. Bessere Inspiration bietet die Lage in Nahost. Denn da Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den gerade offiziell beendeten Gaza-Krieg in „Erlösungskrieg“ umbenennen will, könnte die Veggie-Wurst „Erlösungspflanzling“ heißen. Oder Schauspieler Til Schweiger eröffnet die Marke „Keinwursthappen“.
Wenn es aber Sinn der EU-Regelung sein sollte, das Fleischessen wieder zu fördern, hätte das „Bürgergeld“ eher in „Burger-Geld“ unbenannt werden müssen. Stattdessen heißt es jetzt ganz innovativ „Grundsicherung“. Ein Meilenstein im immer wieder erwogenen Umbau des Sozialstaats, zumal Bundesforschungsministerin „Dirndl“ Bär (früher Dorothee Bär) auch noch über einen neuen Namen für das Bafög nachdenkt. Vielleicht wandelt sich diese Unterstützung für Studenten bald zur „Jungspundsicherung“. Und damit sich der weibliche Nachwuchs dadurch nicht benachteiligt fühlt, muss künftig auf allen Packungsbeilagen stehen: „Fragen Sie Ihre Töchter oder Apotheker.“ Dann freut sich auch Bundeskanzler und Töchter-Befrager Friedrich Merz, wenn er mal bittere Pillen schlucken muss.
Damit unsere Politiker aber in Frieden, Freiheit und aller Ruhe über neue Bezeichnungen nachdenken können, muss die Demokratie verteidigt werden – und zwar durch eine Wehrpflicht per Los. Diese neue kreative Koalitionsidee bringt endlich einmal Spannung in die Bude und gräbt anderen gefährlichen Glücksspielen bestimmt das Wasser ab. Daher muss dieses tolle Konzept unbedingt ausgedehnt werden. „Gehe nicht über Los“ gilt schließlich nur für Monopoly, und das spielt nur noch Trump nach eigenen, täglich neuen Regeln. In Deutschland dagegen sollte künftig jeden Samstag nach der Ziehung der Lottozahlen ausgelost werden, wer wann in Rente gehen darf – und wer abends in die Stadt. Dann ist das Stadtbild, durch Los bestimmt, jedes Mal ein Gewinn.






Kommentare