Pias Potpourri November 2023
Der November hat nicht den Ruf überschäumender Lebensfreude – mit Totensonntag, Volkstrauertag und Weltmännertag gedenkt er vieler trauriger Themen und führt sensible Gemüter in die Einsamkeit oder, noch schlimmer, in den Karneval. Aber einiges überraschte diesmal doch.
So sind nicht nur Senioren und Jugendliche laut neuen Studien einsam, sondern auch unsere Politiker. „Wir werden von einsamen Menschen regiert“, stellte Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg in einem Interview fest. Das schien sich zu bestätigen, als mit Agrarminister Cem Özdemir ein weiterer Politiker seine Trennung bekannt gab. Und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann klagte nur wenige Tage später: „In der Politik gibt es keine Freunde.“ Wie kann das sein?
Hoffentlich liegt es nicht am Geld, das bekanntlich die schönsten Freundschaften zerstört. In der Ampel-Koalition liegt dieser Verdacht nahe. Denn seit nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts plötzlich 60 Milliarden Euro im Haushalt fehlen, gibt es weniger Spielraum für kleine Geschenke, die die Freundschaft erhalten. Und Schuldenbremse klingt verdächtig nach Spaßbremse, mit solchen Politikern will dann keiner spielen.
Dabei sollte gerade Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mehr Eisenbahn spielen, ist doch ist die Deutsche Bahn der größte Bekämpfer der Einsamkeit. So bringt sie wildfremde Menschen in Kontakt, die einander verzweifelt nach Anschlüssen oder verspäteten Zügen fragen. Die Bahn gibt da bewusst verwirrende Informationen, damit diese Gespräche unter Passagieren in Gang kommen. Und ein großes Gemeinschaftsgefühl wächst aus dem Groll gegenüber GdL-Warlord Claus Weselsky, der mit Bahnstreiks im Advent droht. Dabei kann zwischen den ständigen Ausfällen und Verspätungen ein Streik mit bloßem Auge oft kaum noch erkannt werden. Sollte ein Zug mal pünktlich wirken, handelt es sich wohl nur um eine ausgefallene Verspätung.
Unwahr ist allerdings, dass Weselsky Nachfolger von Thomas Gottschalk wird. Dieser moderierte jetzt zum letzten Mal „Wetten, dass..?“ – in der gedächtnisschwachen Einsamkeit ohne Michelle Hunziker. Dabei wären Wetten mit Weselsky darauf, ob ein Zug fährt, spannender und böten zudem Potenzial für Wettbüros am Bahnhof. So könnte der Bund als Eigentümer der Bahn wieder Geld einnehmen, und alle wären Freunde.
Aber viele Politiker, meistens allein in ihren Dienstwagen unterwegs, kommen auf solche einfachen Lösungen nicht mehr. Und genau wie Weselsky oder Gottschalk sind sie einsam an der Spitze – denken aber verkürzt: einsame Spitze.
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