Pias Potpourri Juli 2023
Ich hab noch einen Löwen in Berlin
In diesem Jahr wird nicht gekleckert, sondern geklotzt! Das zeigte der Juli endgültig mit dem ultimativen Sommerloch-Tier.
Während andere Jahre sich mit Kaimanen oder fehlhüpfenden Kängurus billig zufriedengaben, musste es diesmal gleich ein Löwe in der Hauptstadt sein. Mehr geht nicht! Auch für die Berliner Polizei war das mal eine schöne Abwechslung. Endlich einmal etwas anderes als Klimakleber auf der Straße und Clankriminalität im Freibad.
Dabei wäre schon viel gewonnen, wenn diese beiden Gruppen zur Erweiterung ihres Horizonts mal tauschen würden – die Klimaaktivistenwürden im Freibad vielleicht die Freuden des Lebens entdecken, die Clanmitglieder beim Festkleben auf der Straße ein wenig zur Ruhe kommen. Und wenn Letztere dann jemandem eine kleben, wäre es nur ihre eigene Hand.
Aber wer kann schon effektiv randalieren oder blockieren, wenn ein „Löwdown“ in Berlin droht, ein raubtierbedingter Lockdown? Selbst die Regierung ist seitdem nicht mehr dieselbe. So stellte beim Putsch in Niger niemand die normalerweise entscheidende Frage: Muss das Land nicht N-Land heißen? Vorteil: Es könnte sich niemand gekränkt fühlen, der das N-Wort heraushört und die Rechtschreibung nicht beherrscht. Nachteil: Es gäbe Verwechslungen mit dem ebenfalls sehr beliebten Niemandsland, und da wird gerade nicht geputscht.
Während die einen noch beim Putsch sind, sind die anderen schon futsch. Chinas Außenminister Qin Gang verschwand putschlos. Kurzfristig war der Aufenthaltsort von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin unklar, dann wurde er Unterhose in Belarus gesichtet – wohl die härteste Konkurrenz für unser Sommerloch-Tier. Aber nein, keine Chance, Berlin verdient den Löwenanteil an Aufmerksamkeit.
Denn die Vorteile eines Berliner Löwen hätten auf der Tatze gelegen. Alle S-Bahnhöfe wären in „Bahnhof Zoo“ umbenannt worden. Touristen hätten gesungen „Da-didel-dum, das Mähnentier geht um“ oder später wehmütig „Ich hab noch einen Löwen in Berlin.“
Sie können jedoch nur noch gute Mähne zum bösen Spiel machen. Entpuppte sich doch das größte Sommerlochtier aller Zeiten als Wildschwein. Oder es war ein Wildschwein, das sich als Löwe fühlte. Das klingt seltsam, aber Präzedenzfälle aus dem Reich der großen Tiere sind bekannt. So bezeichnete CDU-Chef Friedrich Merz die Union als AfD mit Substanz. Darauf erwartete er wohl die Reaktion: „Gut gebrüllt, Löwe.“ Aber tragischerweise hielten ihn viele eher für das Tier mit den Borsten.
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